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Der Geruch des Ostens

Und dann springt ihn die Stadt an. Ihre Straßen, deren Namen er alle noch weiß, wie er die Gerüche der Häuser kennt. Aufsteigend vom Wirsingkohl, der mit Kartoffelstücken, Kümmel und Streifen fetten Bauchspecks gedünstet wird. Aufsteigend auch vom brodelnden Waschkessel im Bretterschuppen am Küchengarten, in dem sie im November ein totes Schwein brühen und Wurstsuppe mit Majoran kochen. Sommers die Beize vom schmelzenden Teer auf den Straßen, den die städtischen Arbeiter mit grobem Splitt und Kies befestigen. Der süßliche Dieselgestank der ratternden Russenpanzer und das beißende Gewaber von den grünlich-öligen Spänen, die von den Putzfrauen auf den steinernen Schulfluren ausgestreut werden, bevor sie mit breiten Besen zu fegen beginnen. Der dumpfe Blutdunst vom Schlachthof und der scharfe Rauch aus den Schloten der Metzgereien. Die ordinären, lüsternen Schwaden der billigen Seifen und Parfüms in der Konsum-Drogerie an der Ecke. Dort, wo er als Vierjähriger mit seinem luftbereiften Roller (das war ein besonderes Ding!) einem alten Herrn von hinten in die Beine gebrettert war, weil er noch nicht zu bremsen gelernt hatte. Die muffige, modrige Kälte der Schlosskirche, wo er den Oberpfarrer vom ewigen Leben und von Verdammnis reden hörte.